Aufgaben der Sozialgerichtsbarkeit
Hier finden Sie Informationen zur Zuständigkeit der Sozialgerichte und zu den Gebieten des Sozialrechts.
1. Allgemeiner Überblick
Der Sozialgerichtsbarkeit - einer besonderen Verwaltungsgerichtsbarkeit - obliegt die Rechtskontrolle der Körperschaften, Anstalten und sonstigen Behörden (Leistungsträger), die Dienst-, Sach- und Geldleistungen (Sozialleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch zu erbringen haben. Für bestimmte Gebiete des Sozialrechts ist allerdings die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig (z.B. Wohngeld, Ausbildungsförderung), für Kindergeldstreitigkeiten überwiegend die Finanzgerichtsbarkeit.
Sozialleistungen dienen dem Schutz des Einzelnen vor Wechselfällen des Lebens (sog. sozialen Risiken), wie z.B. Tod, Alter, Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit, Armut usw.
Dieser Schutz wird in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Sozialstaatsprinzips nach Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz durch eine umfangreiche Gesetzgebung verwirklicht. Im Recht der "Sozialen Sicherung" wird unterschieden zwischen folgenden Systemen:
Versicherungssysteme (Sozialversicherung)
- finanziert durch Beiträge i.d.R. der Arbeitnehmer und Arbeitgeber -
Krankenversicherung, Unfallversicherung (alleinige Beitragspflicht der Unternehmer), Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung
Entschädigungssysteme
- finanziert durch Steuern -
Versorgung der Opfer von Kriegs-, Wehrdienst- und Zivildienstschäden, Impfschäden und Gewalttaten.
Ausgleichssysteme
- finanziert durch Steuern -
Familienlastenausgleich (z.B. Kindergeld, Elterngeld); Leistungen an behinderte Menschen; Arbeitslosengeld II; Sozialhilfe; Leistungen an Asylbewerber
2. Übersicht über die Gebiete des Sozialrechts
Aus Gründen der historischen Entwicklung liegt die Durchführung des Sozialrechts nicht einheitlich in der Hand eines einzigen Sozialleistungsträgers. Bei der breiten Auffächerung des Sozialrechts und seiner Aufgaben wäre die Konzentration bei einem Leistungsträger in der Praxis auch kaum möglich. Vielmehr bestehen für fast jeden Rechtsbereich gesonderte Zuständigkeiten. Selbst innerhalb der Sozialversicherung und sogar der einzelnen Versicherungszweige (z.B. Kranken-, Pflege-, Unfall- und Rentenversicherung) ist nicht jeweils ein einheitlicher Träger mit örtlichen oder regionalen Verwaltungsstellen zuständig, sondern eine Vielzahl selbstständiger, unabhängiger Versicherungsträger. Die nachstehende Tabelle gibt eine Übersicht über die wichtigsten Sozialrechtsbereiche, ihre Träger und Aufgaben:
Sozialrechtsbereiche |
Träger | Aufgaben/Leistungen |
Sozialversicherung | ||
Gesetzliche Krankenversicherung | AOK, Betriebs-, Innungskrankenkassen, Ersatzkassen, landwirtschaftliche Krankenkassen | Einziehung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages, Leistungen zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten, medizinische Rehabilitation, ambulante und stationäre Heilbehandlung, Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, Krankengeld, Familien- und Mutterschaftshilfe |
Gesetzliche Rentenversicherung | Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund, Regionalträger (DRV Braunschweig-Hannover, DRV Oldenburg-Bremen u.a.), DRV Knappschaft-Bahn-See | Medizinische und berufliche Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Übergangsgeld, Rentenauskunft, Renten wegen teilweiser und voller Erwerbsminderung, Altersrenten, Hinterbliebenenversorgung |
Alterssicherung der Landwirte | Landwirtschaftliche Alterskasse | Altersgeld, vorzeitiges Altersgeld und Hinterbliebenenversorgung für selbstständige Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige |
Gesetzliche Unfallversicherung | Berufsgenossenschaften, Ausführungsbehörden von Bund, Ländern, Gemeinden | Beitragseinzug, Heilbehandlung, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, Pflege, Verletztengeld, Unfallverhütung, medizinische Rehabilitation, Verletztenrente, Hinterbliebenenentschädigung |
Arbeitslosenversicherung | Bundesagentur für Arbeit mit den örtlichen Agenturen für Arbeit | Beratung, Vermittlung, Förderung der Aufnahme einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, der Ausbildung und beruflichen Weiterbildung sowie der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben, Arbeitslosengeld I, Unterhaltsgeld, Übergangsgeld, Kurzarbeitergeld, Insolvenzgeld, u.a. |
Soziale bzw. private Pflegeversicherung | Pflegekassen der gesetzlichen Krankenkassen; für private Krankenversicherte: i.d.R. private Krankenversicherungsunternehmen |
häusliche Pflegehilfe, Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegekräfte, Pflegehilfsmittel und technische Hilfen, Kurzzeitpflege, vollstationäre Pflege u.a. |
Soziale Entschädigung | ||
Versorgung von Kriegsopfern, Soldaten, Opfern von Impfschäden und Gewalttaten, SED-Unrechtsbereinigung |
Versorgungsämter / Landessozialverwaltung | Medizinische und berufliche Rehabilitation, Beschädigtenrente, Berufsschadensausgleich, Hinterbliebenenversorgung |
Familienlastenausgleich | ||
Betreuung und Erziehung von Kindern | Kommunen (Städte, Gemeinden, Kreise)
Familienkassen der Agenturen für Arbeit |
Elterngeld
Kindergeld (überwiegend Finanzgerichtsbarkeit zuständig) |
Weitere steuerfinanzierte Ausgleichssysteme | ||
Grundsicherung für Arbeitsuchende | Jobcenter aus Agenturen für Arbeit und Kommunen, teilweise sog. Optionskommunen (Kreise und kreisfreie Städte) in alleiniger Trägerschaft | Arbeitslosengeld II (insb. Regelbedarf, Mehrbedarf, Bedarf für Unterkunft und Heizung), Zuschuss zu Versicherungsbeiträgen, Sozialgeld (für nicht erwerbsfähige Angehörige von Alg II-Beziehern) |
Sozialhilfe | Kreise und kreisfreie Städte; überörtliche Träger der Sozialhilfe | Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfen in anderen Lebenslagen |
Existenzsicherung für Asylbewerber | Träger je nach Landesrecht; in Niedersachsen: Kreise und kreisfreie Städte |
Sach- und Geldleistungen gemäß dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) |
Teilhabe behinderter Menschen, Ausgleich von durch Blindheit bedingten Mehraufwendungen | Versorgungsämter / Landessozialverwaltung | Feststellung des Grades der Behinderung und sonstiger Nachteilsausgleiche, Landesblindengeld |
3. Einzelfallentscheidungen:
Hier finden Sie eine beispielhafte Aufzählung von Fällen, die vom Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschieden wurden. Eine vollständige Abbildung aller Rechtsgebiete ist leider nicht möglich. Weitere interessante Fälle finden Sie in den Geschäftsberichten und in den Pressemitteilungen.