SGB II - Beratungspflichten einer ARGE bei geplantem Umzug (Mietkaution)
Urteil des SG Lüneburg vom 9. November 2006 (S 25 AS 163/06)
Normen: § 14 SGB I, § 15 SGB I, § 19 SGB II, § 22 SGB II
Stichworte: Aufklärungspflicht, Beratungspflicht, Herstellungsanspruch, Mietkaution, Pflichtverletzung, sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, Unterkunftskosten, Zusicherung
Nichtamtliche Leistsätze:
- Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. nur BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 29 m.w.N.) hat der sozialrechtliche Herstellungsanspruch folgende Voraussetzungen: Der auf Herstellung in Anspruch genommene Leistungsträger muss eine Pflicht aus seinem jeweiligen Sozialrechtsverhältnis, die ihm gerade diesem gegenüber oblag, rechtswidrig nicht oder schlecht erfüllt haben. Die Pflichtverletzung muss ferner (als nicht hinwegdenkbare Bedingung) ursächlich bewirkt haben, dass dem Betroffenen ein Recht, das ihm im Sozialrechtsverhältnis zugestanden hat, nicht mehr zusteht. Schließlich muss die verletzte Pflicht darauf gerichtet sein, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren (sog. innerer Zusammenhang).
- Der ARGE obliegt die Pflicht, Hilfebedürftige bei Vorsprachen anlässlich eines beabsichtigten Umzuges darüber aufzuklären, dass die Übernahme von Mietkautionskosten nur dann erfolgen kann, wenn eine vorherige schriftliche Zusicherung erteilt worden ist (Spontanberatungspflicht nach § 14 SGB I, vgl. BSG, Urteil v. 17.3.86 - BSGE 60, 79, 85 m.w.N.). Die nötige Kausalität ist gegeben, da die Hilfebedürftige bei ordnungsgemäßer Beratung zunächst ein Frauenhaus aufgesucht hätte und nicht den Mietvertrag sofort unterschrieben hätte, sondern das Zusicherungsverfahren abgewartet hätte.
- Ein Umzug ist notwendig, wenn eine häusliche Bedrohung durch den Lebensgefährten vorliegt (hier u.a. Bedrohung mit Salzsäure).
Hinweis: Die Leitsätze dienen nur zur Orientierung und stellen keine amtlichen Leitsätze dar.
Entscheidung im Volltext: S 25 AS 163/06 - Beratungspflicht