Artikel-Informationen
erstellt am:
11.06.2009
zuletzt aktualisiert am:
31.05.2010
Schüler stehen während ihrer Betreuung in Horteinrichtungen auch beim Essen unter dem erweiterten Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen im Falle eines damals 7-jährigen Jungen entschieden, der seit einem tragischen Unfall im Rahmen einer Hortbetreuung schwerstbehindert ist und um die Feststellung streitet, dass es sich hierbei um einen Arbeitsunfall handelt.
Die Horteinrichtung, die als privater eingetragener Verein organisiert ist, hatte im Dezember 2003 ein gemeinsames Schwimmen mit den von ihr betreuten Schülern in einem Hallenbad in Hannover organisiert. Nach dem Schwimmen sammelten sich die Kinder, soweit sie mit dem Umziehen und Föhnen fertig waren, nach und nach im Vorraum des Schwimmbades. Eine anwesende Erzieherin verteilte dort an die schon wartenden Kinder mitgebrachte Lebensmittel, u. a. Pfannkuchen. Nach einer Weile entdeckte sie den damals 7-jährigen Kläger leblos am Boden. Trotz eingeleiteter Wiederbelebung und Notarzteinsatz leidet der Junge seitdem unter einer schweren Mehrfachbehinderung (u. a. vollständige Immobilität, schwere kognitive Defizite sowie Blindheit).
Das Landessozialgericht hat mit Urteil vom 24. Februar 2009 die Entscheidung des Sozialgerichts Hannover bestätigt, dass das Kind damals einen Arbeitsunfall erlitten und damit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat. Angegriffen worden war dies von der Landesunfallkasse Niedersachsen, dem zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Landesunfallkasse hatte auch im Berufungsverfahren bezweifelt, dass der Herzstillstand des Jungen überhaupt durch eingeatmete Pfannkuchenreste ausgelöst worden ist, und sich darüber hinaus gegen einen so weitreichenden Unfallversicherungsschutz von Kindern in Betreuungseinrichtungen gewandt, wenn die Kinder bereits das Schulalter erreicht haben.
Das Landessozialgericht hat in der Begründung seiner Entscheidung insbesondere darauf verwiesen, dass auch das gemeinsame Essen während der Betreuung des Schülers durch die Horteinrichtung unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat. Demgegenüber ist das Essen und Trinken bei Erwachsenen regelmäßig dem persönlichen Lebensbereich zuzuordnen, so dass hierbei kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht.
Das Gericht hat ferner festgestellt, dass der Unfall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch das Einatmen von Pfannkuchenteilen herbeigeführt worden ist. Dies sei u. a. daraus zu schließen, dass man Krümel im Mund des Jungen gefunden habe, als dieser reglos am Boden lag, und dass Veränderungen im Röntgenbild der Lunge erkennbar geworden seien, die typisch für die Einatmung von Fremdkörpern seien.
Die Revision zum Bundessozialgericht hat das Landessozialgericht nicht zugelassen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.02.2009 - Az. L 9 U 41/06
Vorinstanz: S 36 U 454/04 - Sozialgericht Hannover
Normen: SGB VII § 2 Abs 1 Nr. 8a, SGB VIII § 22
Suchworte: Hort, Tageseinrichtung
Nichtamtlicher Leitsatz:
Der unfallversicherungsrechtliche Schutz von Kindern in Tageseinrichtungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a SGB VII ist umfassend. Von ihm wird insbesondere auch die Einnahme von Mahlzeiten umfasst. Differenzierungen nach dem Alter der Kinder sind weder nach dem Gesetzeswortlaut noch nach der Gesetzgebungsgeschichte noch nach Sinn und Zweck der Norm vorzunehmen.
Hinweis: Die Leitsätze dienen nur zur Orientierung und stellen keine amtlichen Leitsätze dar.
Entscheidung im Volltext: L 9 U 41/06 (Schülerhort)
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Hinweise zur Rechtslage:
§ 8 Abs. 1 SGB VII
(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versiche¬rungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
(2) …
(3) …
§ 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII
(1) Kraft Gesetzes sind versichert
1. Beschäftigte,
…
8. a) Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen sowie für Kinder, die durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches betreut werden,
b) …
…
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erstellt am:
11.06.2009
zuletzt aktualisiert am:
31.05.2010